RAUMIDEE

1. Blick auf die Synagoge (Zugang von der Schrannenhalle) 2. Die Fassade erinnert stilisiert an die Klagemauer in Jerusalem 3. Bänke unter Bäumen laden zum Verweilen ein 5. Hauptportal

Der urbane Außenraum

Der urbane Außenraum stellt sich in unterschiedlichen Facetten dar. Es gibt Plätze, die sehr weitläufig oder extrem beengt sein können. Die bestehenden Gebäudestrukturen ringsherum bilden solche Plätze aus. Im günstigsten Fall hat der Gestalter solch urbaner Flächen noch alle Gestaltungsfreiheiten. Nichts desto trotz ist es Aufgabe von Architekten und Städteplanern diese Räume auf die soziokulturellen Gegebenheiten der Nutzer und auf die unmittelbare Umgebung, den Kontext, auszurichten und anzupassen. In Städten dienen solche Plätze als zentrale Orte. Ein schönes aussagekräftiges Wort dafür ist Piazza, oft der Mittel- und somit der Treffpunkt aller Bewohner einer Stadt. Aber auch kleine Freiflächen laden zum Verweilen ein, sie sind versteckte Ruheorte und dienen den Stadtbewohner als Stadtoase. 

Ich zeige Euch heute den Jakobsplatz in München, da ich diesen Platz mit der Synagoge, dem Gemeindehaus, einem jüdischen Museum und einigen Restaurants für einen sehr gelungenen Platz innerhalb von Münchens Innenstadt halte. Geplant wurde das Gebäudeensemble, welches sich harmonisch ins Stadtbild einfügt, von den Architekten und Stadtplanern "Wandel Hoefer Lorch". Ich möchte hier weniger auf den geschichtlichen und architektonischen Hintergrund des Platzes eingehen, sondern mehr auf die visuellen Eindrücke, die sich dem Besucher auf den ersten Blick zeigen. Bestechend finde ich z.B. die Materialwahl der Gebäudefassaden, die durchgängig ist, sich aber auf unterschiedliche Weise zeigt. Die vor- und zurückspringenden Steinquader der Synagoge zitieren die Klagemauer in Jerusalem (2). Die sehr lebendig gestaltete Fassade strahlt Natürlichkeit und Wärme aus. Der Baukörper verliert dennoch nicht an Geradlinigkeit. Der Gebäudekubus kommt gut zur Geltung. Der Sandstein wurde ebenfalls für die angrenzenden Gebäudefassaden, wie das jüdische Museum und das Gemeindehaus der jüdischen Gemeinde gewählt. Bei diesen nimmt sich jedoch das glatt geschliffen Material zurück und hebt in der Kontrastwirkung die Fassade der Synagoge hervor. Der Platz wird von den umliegenden Stadthäusern und den oben erwähnten Gebäudekomplexen ausgebildet. Die mit Kopfsteinpflaster belegte horizontale Fläche suggeriert Weitläufigkeit. Die vertikalen Gebäudeflächen und die horizontale Ebene des Platzes wachsen auf angenehme Weise zusammen. Bänke unter zarten Laubbäumen laden zum Verweilen ein. Brunnen und ein Spielplatz hauchen dem Platz Leben ein. Läuft man um die Synagoge herum und geht links durch die Gebäudeschlucht an dem jüdischen Museum vorbei (1) öffnet sich ein neuer Platz. Hier stehen Stühle und Tische des Museumscafes (3), welches Montags geschlossen ist.

1. Zwischen Synagoge und jüdischem Museum 2. Glasaufbau des jüdischen Museums: ineinander verschachtelte Davidsterne aus Stahl sind verglast und mit einem bronzefarbenen Netz verhängt 3. Außenbereich des Museumscafes (Stühle "Tom Vac" von Ron Arad)

Wie schon erwähnt: am Platz gibt es zahlreiche Restaurants. Gerne komme ich hier vorbei, wenn ich in der Innenstadt bin, um einen frisch gepressten Orangensaft und einen Salat bei Sonnenschein im Freien zu genießen. Mein Blick schweift in die Ferne und macht sich ein Bild von der Umgebung. Ich sammle Eindrücke und wäge ab. Ich Versuche die von Architekten erzeugte Stimmung zu verstehen und diese schon einmal geistig in Worte zu fassen. Gerne besuche ich fremde Städte und suche dort bekannte aber mir fremde Orte auf, an denen sich gleiches abspielt: Sehen, Deuten, Abwägen, Empfinden, Verstehen, Verbalisieren.

Welche urbanen Plätze begeistern Euch? Welche Stimmungen nehmt Ihr auf?

24 Kommentare:

  1. Liebe Cora, ein wunderschöner spiritueller Ort. Ich schätze die Strenge der Kuben mit der Durchlässigkeit des Glases an der Fassade und der Leichtigkeit durch die Materialien. Ich fühle mich durch die Fotos sehr angesprochen, wie mag es da in Wirklichkeit sein. !!
    einen schönen Tag wünscht
    heiDE

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    1. Es gibt dort natürlich viel mehr zu sehen, der Jakobsplatz ist ein sehr lebendiger Platz!

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  2. Deine Berichte sind einfach immer ganz wunderbar geschrieben. Man kann sofort die dortige Atmosphäre spüren und man merkt, dass du dort lange gesessen und dir Gedanken gemacht hast.
    Liebe Grüße und danke für den kleinen Ausflug,
    Dani
    P.S. Cherbourg ist nicht wirklich so ausgestorben wie es auf den Bildern scheint, es war nur Mittagszeit und ich habe einen guten Moment abgewartet, wo gerade keiner durchs Bild gelaufen ist :-)

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    1. Ich danke Dir - ich war halt schon oft am Jakobsplatz.
      Ich dachte mir schon so etwas - Mittags sind solche Orte ja wirklich immer sehr ruhig. Auf dem Jakobsplatz war auch mehr los, da mache ich es wie Du, ich warte und warte!

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  3. Liebe Cora,
    durch meine Schwester bin ich öfters in München und genieße dort auch viele Plätze, wobei mir spontan nur der Marienplatz oder auch der Viktualienmarkt einfällt. Die Zeit ist leider immer zu kurz, um mehr Orte zu erleben, sehen und fühlen.
    In meiner kleinen Heimatstadt gibt es sicherlich auch den einen oder anderen Platz, wobei er wirklich nicht vergleichbar mit einer Großstadt ist. :-)
    Dankeschön für die Vorstellung des Jakobplatzes, rein visuell kann ich jetzt schon ein bisschen mitreden. ;-)
    Liebe Grüße und einen schönen Tag wünscht Dir
    ANi

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    1. Der Jakobsplatz ist ganz in der Nähe vom Viktualienmarkt, mach bei Deinem nächsten Besuch einfach einen kleinen Schlenker. Es gibt so viele schöne kleine Plätze, da begeistert manchmal das Licht, ein grünes Blätterdache oder ein kühler Luftzug im Sommer!

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  4. Mir gefällt dieser besondere Ort mit seiner Bedeutung. Die Analogie, die Klagemauer zu zitieren, die Geschichte dieser Mauer, ihre Bedeutung - modern interpretiert für diese Synagoge. Danke für deinen interessanten Bericht darüber. Wie du liebe ich es Architektur auf mich wirken zu lassen. Formal und inhaltlich. Sehen, verstehen und spüren...
    Lieben Gruß zu Dir Iris

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    1. Ich freue mich, dass ich dich mit diesem Post ansprechen konnte, so etwas dachte ich mir schon. Danke für Deinen Kommentar!

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  5. Danke, liebe Cora! Ich war schon so lange nicht mehr in München und da sehe ich heute auf deinem Blog plötzlich, wie der Jakobsplatz gestaltet wurde. Ich habe vor Jahren in München studiert und die Planungen für das Museum und den Platz mitbekommen. Und so sieht er nun aus! Was für ein Unterschied! Super interessant!!! Ich glaube, ich muss bald mal wieder Richtung München fahren! Ganz lieben Dank und ganz liebe Grüße zurück... Michaela :-)

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    1. Wie schön, Du hast in München studiert - dann müssen wir irgendwo bestimmt einmal aneinander vorbeigelaufen sein ;) ! Ich freue mich, dass Du durch mein Fenster einen Blick auf den Jakobsplatz erhaschen konntest!

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    2. Sind wir bestimmt! ;-)

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  6. Ein schöner Bericht und ein Platz und ein Gebäude wo sich ein Besuch sicher einmal lohnt - ich kenne beides noch nicht. Spannender Umgang mit dem Material Sandstein.
    Die Frage welcher Platz micht begeistert ist gar nicht so einfach? Ich liebe es, Plätze in Städten zu entdecken und lasse mich gerne davon begeistern. Ich mag intime Plätze, die etwas von einem städtsichen Wohnzimmer haben - in Maastricht gibt es zum Beispiel einige davon, die wunderschön sind im Wechsel von engen Gassen hin zum Platz, mit viel Aufenthaltsqualität. Der Domplatz in Massa Marittima ist auch einer meiner kleinen Lieblingsplätze. Oder der Hof in Aachen, wo verschiedene Bauepochen von den Römern bis zeitgenössisch aufeinandertreffen und eine spannende stadträumliche Situation erzeugen, es gibt so viele.....
    LG und Danke für den schönen Bericht, Mecki

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    1. Ja, es gibt so viele Plätze. Die Beschreibung "städtisches Wohnzimmer" gefällt mir. Einige Außenräume haben tatsächlich eine Ausstrahlung, zu der diese Beschreibung passt. Deine Ausführung zu Maßstrich klingt gut, sie erinnert mich an Lübeck, dort gibt es auch viele versteckte kleine Außenräume.

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  7. Liebe Cora,
    lieben Dank für den virtuellen Ausflug nach München. Es ist schon etliche Jahr her, daß ich das letzte Mal in dieser Stadt war. Ich mag es immer in Ruhe durch Städte zu schlendern und die jeweiligen Orte zu erkunden. Und zu entdecken gibt es meist reichlich, wenn man nur die Augen offen hält und genug Zeit mitbringt.

    Liebe Grüße
    Sabine

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    1. Es stimmt, Zeit muss man manchmal mitbringen. Es ist schön, wenn man durch die Straßen streicht und unerwartetes entdeckt, ich mag das auch!

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  8. Liebe Cora, da habe ich einen Ausflug an die Nordsee und einen an die Ostsee hinter mir, vielleicht jetzt mal München? Auf jeden Fall hast du mich mit den schönen Aufnahmen auf den Geschmack gebracht! Ich war vor vielen Jahren mal dort und das auch nur kurz. Ist ja von Hamburg aus nicht gerade ein Katzensprung..!
    (...das Angebot mit der Falttechnik nehme ich dankend an...!)
    Ganz liebe Grüße von
    Anne

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    1. Ja, vielleicht einmal München, auch wenn Du da einige Katzensprünge hinlegen musst!
      Ich hoffe du hast meine E-Mail bekommen!

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    2. Guten Morgen Cora,
      ich habe leider keine Email bekommen! Versuchst du es noch einmal bitte?
      meineartdp@gmail.com
      LG Anne

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  9. Schöner Platz, Schatten gibt es auch - gerade im Sommer wichtig.
    In Wien wäre das Museumsquartier ein urbaner Platz oder der Park in Schönbrunn, sehr grün mit vielen ruhigen Plätzen:-)

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    1. Ich muss unbedingt einmal nach Wien - danke Für Deinen Kommentar!

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  10. Liebe Cora,
    nun war ich schon unzählige Male in München, aber noch nie auf dem Jakobsplatz und ich werde ihn mir für den kommenden Münchentrip vermerken. Danke für Deine Ausführungen, ich mag es sehr, wenn Du über Architektur schreibst, man merkt Dir Deine Passion an.
    Hab einen feinen Tag, liebe Grüße,
    Kebo

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  11. Da war ich auch schon anzutreffen ... hat mir sehr gefallen :-)
    Liebgruss, mimi

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  12. Liebe Cora,
    ich komme leider nicht allzu oft nach München, aber das ist tatsächlich einer sehr schöner Platz. Die Fassade ist wunderschön und es gibt dort eine ganz besondere spirituelle aber auch unaufgeregte Atmosphäre.
    Liebe Grüße
    lilli

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  13. Vor zwei Wochen ca. war ich in München und auch genau dort, bei der Synagoge... herrlich wars. In echt noch viel `vollkommener` als auf jedem Foto.

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