RAUMIDEE



(Dachterrasse mit Turnhalle und Kindergarten)

Eine Reise durch die Provence mit Zwischenstopp in Marseille. Der heutige Post zum Thema "Oben" (siehe Dachterrasse) beschreibt das gesamte Gebäude von Le Corbusier. Die Dachterrasse ist die Krönung des architektonischen Spazierganges. Wer mag kommt (liest) einfach mit.

Unité d' Habitation, die Wohnmaschine  (Mitgebracht)

In Marseille, südlich der Innenstadt, liegt sie, die Wohnmaschine, entworfen und umgesetzt von Le Corbusier, Schweizer Architekt (1887-1965). Die Unité d`Habitation war Corbusiers erster staatlicher Bauauftrag. Neuer Wohnraum sollte nach dem 2. Weltkrieg geschaffen werden, um den Bewohnern der zerstörten Stadtviertel, wieder ein Dach über den Kopf zu bieten. Das Gebäude birgt 337 Wohneinheiten, eine Geschäftsstraße mit Läden und Ärzten, ein Hotel mit Restaurant, eine Schule, einen Kindergarten und eine, für die Bewohner zugängliche, Dachterrasse mit Turnhalle und Wasserbecken für die Kindergartenkinder und Schüler der Grundschule.




Wohnmaschine als Bezeichnung für den Vorreiter der Plattenbauten, trifft es genau. Anonym und unnahbar wirkt das Gebäude auf den ersten Blick. Imposant in der Gestalt. Pur in der Wirkung. Einziges Zierrat sind die Abdrücke der versetzten Verschalungsbretter im Beton. Versetzt angeordnete Fenster, immer wieder durchbrochen von Sonnenschutzgittern aus Beton, farbig gestrichene Seitenwände der Loggien und die vertikalen Betonlamellen der Geschäftsstraße im dritten Geschoss, sorgen für Spannung. Auf Betonpfeilern ruhend, in denen die Versorgungsrohre des Gebäudes liegen, wirkt der Wohnkubus fast schwerelos.

Die Bewohner sind autark. Corbusier hat eine vertikale "Gartenstadt" erschaffen. Geschäfte, im zweigeschossigen dritten Obergeschoss (2), bieten Waren für den täglichen Bedarf der Bewohner an. So gibt es einen Bäcker, der Produkte für das nötigste, im Sortiment hat. Die Ärzte im Haus zählen nicht nur die Bewohner zu ihren Patientenkreis. Immobilienmakler haben mittlerweile Büros im Haus. Zugang zur Geschäftsstraße bekommen die Bewohner, sowie die Besucher, über einen Fahrstuhl oder über die Treppenhäuser (1) des Gebäudes. Sogar ein Hotel befindet sich in der Unité d'Habitation. Sein Restaurant ist für jedermann geöffnet. Hier werden täglich wechselnde Mittagsmenüs angeboten.

(Maisonette-Wohnung)
Jede Wohneinheit ist zweigeschossig als Maisonette-Wohnung ausgebildet. Im Querschnitt sichtbar, verlaufen die Wohnungen in liegender L-Form gegeneinander. Durch diese Anordnung ist nur in jedem 3. Geschoss eine Erschießungsstraße nötig. Auf die, mittig im Wohnblock verlaufenden "Straßen" stoßen die kurzen Stücke der Wohnungen, so dass eine Wohnung im Obergeschoss und die andere im Untergeschoss betreten wird. Jede Einheit ist mit einer Galerie ausgestattet. Der entstehende zweigeschossige Luftraum minimiert zwar die Wohnfläche, sorgt aber für ein großzügiges Raumgefühl. Die Zweigeschossigkeit ist spürbar. Die quer zur Längsrichtung angeordneten Wohnungen haben eine West-Ost Ausrichtung. Sie ziehen sich auf einem Geschoss der Wohneinheit durch die gesamte Gebäudebreite von 26 Metern. Die nebeneinander angeordneten Kinderzimmer, lichte Breite jeweils 1,83, lassen sich im hinteren Bereich über eine Schiebetür verbinden. Eine große Spielfläche entsteht. Beide Räume haben Zugang zu einer Loggia, die sich mittels installierter Metallgitter kindersicher verschließen lässt. Der große Gemeinschaftsraum ist zweigeschossig ausgebildet. Hier befindet sich, versteckt hinter einer halbhohen Wand, das "Elternschlafzimmer". Die Einbauschränke und Einbauten wurden von Jean Prouvé und Charlotte Perriand entworfen. Auf den gezeigten Fotos wurden die Fronten der Einbauten erst später von Bewohnern weiß gestrichen. Alle verwendeten Maße des gesamten Gebäudes, entsprechen den Maßen von Le Corbusiers entwickelter Maßlehre "Modulor", die sich an den menschlichen Proportionen orientieren.

Beeindruckend ist die Dachterrasse (siehe die Fotos oben), die einen hohen Nutzwert für die Anwohner darstellt. Ein Kindergarten mit Wasserbasseng (2) findet sich auf der Ebene wieder, so wie die Turnhalle (1) der hausinternen Grundschule. Die Gestaltung der neunten Ebene des Gebäudes zitiert eine Kommandobrücke, welche die Vorliebe Corbusiers zu Ozeandampfern widerspiegelt.
Beton so weit das Auge reicht. Fällt der Blick über die Brüstung, nimmt einen die hügelige Landschaft auf der Ostseite und das Mittelmeer auf der Westseite der Wohnmaschine in ihren Bann.

Vermag man mehr zu wissen, über die Idee, die Entstehungsgeschichte und den den Nutzwert der Unité d'Habitation, kennt und schätzt man Le Corbusier als Architekt der Moderne, so ist der Besuch eines solchen Gebäudes sehr emotionsgeladen. Der Blick verliert sich in Details, die Hand streift über betongegossene Oberflächen und Räume werden ganzheitlich erlebt.

Eine Unité d'Habitation in Berlin: www.corbusierhaus-berlin.de

22 Kommentare:

  1. Danke für den tollen Bericht!
    Ich mag deine Darstellung, auch wenn ich das Gebäude schon kenne. Liebe Grüße Ninja

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    1. Hat es Dir gefallen?
      Liebe Grüße, Cora

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  2. informativ und schön.
    die architektur von le corbusier ist fantastisch.
    ich mag sie so so sehr!
    liebe grüsse zu dir!

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    1. Die Architektur von Corbusier ist sehr imposant - nicht jeder kann mit den Betonriesen etwas anfangen.

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  3. Das ist eine wunderschöne Liebeserklärung an den "Meister". Welch ein Vorbild! Und tolle Fotos hast du uns da wieder mitgebracht!
    Liebe Grüße, Dani

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    1. Ich habe mich schon sehr gefreut dort zu sein!
      Liebe Grüße, Cora

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  4. Ach, Deine Bilder mag ich so sehr. Danke für's Mitnehmen (so fühlt es sich nämlich an!).

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    1. Schön, dass die die virtuelle Reise gefallen hat!
      Liebe Grüße, Cora

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  5. Ein Ausnahme-Architekt und ein toller Bericht, der ihm gerecht wird. Und wieder hat es mir das Schwimmbad angetan. ;-)
    Liebe Grüße zu Dir!

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    1. Das Planschbecken, es gibt alte Fotos, auf denen sich die Kinder dort erfrischen, skurril!
      Liebe Grüße, Cora

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  6. so beeindruckend fotografiert und beschrieben, das möchte ich selbst mal erfahren, ich wäre gespannt, wie es dann auf mich direkt wirkt. dort zu leben könnte ich mir - bei aller Ausnahme-Ästhetik - kaum vorstellen. das "oben" ist toll, mit himmelsblau und blick in die landschaft... liebe grüße ghislana

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    1. Die Wirkung des Gebäudes ist schon interessant. Warum gefällt es? Warum hat es so viel Zulauf? Klar, der Architekt ist ein "Star". Die Wohnungen selber waren toll und lassen sich nicht mit herkömmlichen Plattenbauwohnungen vergleichen. Man kann ja im Hotel einmal Testwohnen.
      Liebe Grüße, Cora

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  7. beton in der richtigen dosierung kann eine wunderbar warme raumatmosphäre schaffen .... ich mag das material beton. le corbusier kenne ich aus meiner ersten ehe ... damit waren wir möbiliert. hab alles zurückgelassen und es nie bereut ;o)

    lieben dank für deinen kommentar zum winterfrühling ♥

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    1. Stimmt, die Möbel, an die habe ich beim verfassen des Postes gar nicht mehr gedacht!
      Liebe Grüße, Cora

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  8. bin immer wieder von deinen architektonischen Beschreibungen und Fotos begeistert.
    Danke dir - LG Siglinde

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    1. Schön, ich freue mich, wenn es Dir gefällt!
      Liebe Grüße, Cora

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  9. Ein toller Bericht , liebe Cora . Ich habe noch nie zuvor von Le Corbusier gehört und bin froh eines seiner Werke kennenzulernen . Ich finde das Gebäude unglaublich modern für diese Zeit. Danke :)
    Liebe Grüße Ursula

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    1. Die Möbel von Corbusier hast Du bestimmt schon einmal gesehen! Und das ist das spannende, die Zeit der Moderne!
      Liebe Grüße, Cora

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  10. Danke für diese wundervolle Reise und die traumhaft schönen Fotos.
    LG Andrea

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    1. Ich reise gerne mit Euch (Dir)!
      Liebe Grüße, Cora

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  11. Wow, der Sichtbeton ist wunderbar. Vor allem im ersten Bildblock.

    Liebste Grüße

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    1. Stimmt, die Ausschnitte heben die Fassade hervor!
      Liebe Grüße, Cora

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